Nachdem der Staat mit Turbogeschwindigkeit in das Unternehmen Staat umgewandelt wurde, werden alle Maßnahmen, die an sich für eine Gesellschaft richtungweisend und somit politischer Natur sind, der seltsamen Logik von Kosten und Nutzen unterworfen. Freilich, obwohl in Zahlen bemessbar, sind dies keine objektiven Werte, denn was für die eine viel ist, bedeutet für die andere wenig. Die Bemessbarkeit suggeriert allerdings eine objektive Logik und lenkt gut ab davon, dass auch hinter einem objektiven Nutzen oder einer Einsparung ein subjektives Händereiben stecken kann.

Ob diese Logik ausreicht, um politische Probleme, also solche des menschlichen Miteinander, zu lösen, ist anzuzweifeln. In der Logik dieses Neoliberalismus und Ihrer SchergInnen ist alles bemessbar und verwertbar bzw. vermarktbar. Menschen, Lebewesen, Ressourcen, Waren – alles möge sich dieser Logik unterwerfen und wenn möglich ohne jegliche demokratische Kontrolle. Eine garantierte allgemeine Versorgung, die Kontrolle angemessener Qualität gewisser Güter und eine entsprechende Preisgestaltung, wer in solchen Kategorien spricht, ist vor Diffamierungen nicht mehr sicher. Visionäre Politik wurde von der eindimensionalen Logik der Großkonzerne abgelöst. Und diese wollen alles und sofort. Die passenden Menschen oder besser KonsumentInnen zu diesem Bild werden täglich gebildet. Diese haben jene VolksvertreterInnen, die sie gewählt haben und somit verdienen. Der Rest der österreichischen Menschheit leidet.

Wer allerdings in großen Zusammenhängen in solchen Kategorien denkt, die oder der denkt wohl auch im Kleinen so. Und hier liegt der Punkt. Also warum einer Idee anhängen, wenn diese, in Zahlen gesprochen, kein Geld bringt? Wieso Maßnahmen setzen, die das eigene Fortkommen behindern könnten – auch wenn sie das Fortkommen vieler weniger Privilegierter beschleunigen könnten? Wieso bei einer Partei bleiben, wenn die andere für die persönliche Karriere mehr verspricht? Und wieso ist dies kein Skandal, der jeden japanischen Samurai zum Spontanharakiri motivieren würde? Weil es alle verstehen. Beginn und gleichzeitig Ende der momentanen politischen Perspektive ist die Optimierung der Ich-AG.

Intelligenz definiert sich so ausschließlich über Geld und Einnahmen. Wer viel verdient, ist intelligent und schlau. Wer es trotz guter Ausbildung nicht schafft, ist dennoch irgendwie dumm und am dümmsten sind die, die die eigene Überzeugung vom großen Geld trennt. Denn nur dieses ist ein objektiver erstrebenswerter Wert.

Dass dieses Denken und Handeln im Großen wie im Kleinen Folgen hat, ist klar. Im Großen: Massenarbeitslosigkeit, Hungerlöhne, Sklavenarbeit, Unterernährung, Zerstörung der Umwelt, Zerstörung des Sozialstaates. Im Kleinen werden Lebenschancen wieder ungleicher und ungerechter aufgeteilt, Ausbeutung und Diskriminierungen nehmen zu. Hemmschwellen sinken auch im täglichen Miteinander, wenn die Großen vormachen, wie frau/man auf seine Mitmenschen pfeifen kann.

Die Philosophie dieses Systems ist konservativ, oder hübscher formuliert: Werte bewahrend. Denn die, die schon bislang profitiert haben, wollen dies freilich weiter tun. Der Haken an der Sache ist, dieselbe als Politik zu verkaufen. In Bereichen, die besonders reformbedürftig (im Sinne echter Veränderungen) wären, ist diese Logik schnell am Ende. Um hier zu verschleiern, weshalb bislang noch nichts passiert ist, braucht es schon neue Begrifflichkeiten. Welche Wortgirlanden hier neuerdings bemüht werden, damit die ganz und gar unschmucke liberale Wahrheit nicht ins Bewusstsein dringt, lässt sich anhand der Frauenpolitik als einem von vielen Politikfeldern darstellen.

Traditionell sind hier neuerdings jene, die seit 20 Jahren versuchen, Veränderungen für die Frauen durchzusetzen, und nicht die, die das verhindern. Die sind jetzt modern.

Und so wurde vor kurzem von der neuen Frauen- und Gesundheitsministerin eine Studie präsentiert, nach der es den Frauen in der Politik nicht nur um das „Was“, sondern vor allem auch um das „Wie“, den politischen Stil geht. „Frauen ziehen die politische Mitgestaltung in verschiedenen Lebensbereichen einer „traditionellen“ Frauenpolitik vor. Auch könne Politik niemanden die Entscheidung „Familie und/oder Karriere“ abnehmen. Als für sich wichtigste politische Ebene sehen Frauen die Kommunalpolitik, da die persönliche Mitgestaltung dort direkt erlebt werden kann.“

Nachdem ihre Partei ohne Zögern die längst notwendige Kindergartenmilliarde ersatzlos gestrichen hat und eine Qualifikationsvoraussetzung für das Amt der Frauenministerin vermutlich völliges Schweigen hierzu war, darf frau äußerst gespannt sein auf die bahnbrechenden Verbesserungen der weiblichen Lebensbedingungen. Aber selbst wenn diese sich nicht unmittelbar sofort, gleichsam automatisch und natürlich von selbst ergeben, dann wird die unerträgliche Verzögerung, dank dieser progressiven Frauenpolitik, nunmehr stilvoll geschehen. Statt „traditioneller Frauenpolitik“ wird fortan echt politisch mitgestaltet. Also keine lästigen Quoten, sondern echtes Mitbestimmen: Gestalten der Sitzungsräume, Pausenbrote streichen, Aschenbecher ausleeren. Das will die moderne Frau. Denn wie sagt die Studie: Die Entscheidung Familie und/oder Karriere kann die Politik nicht abnehmen. Zwar gibt es abgesehen von der Bundeshauptstadt keinerlei Rahmenbedingungen für ein „und“, aber das soll auch so bleiben, denn alles andere wäre ja traditionelle Frauenpolitik.

Und dank der objektiven Studie wissen wir auch, wo uns die Partei der Zukunft in derselben sehen will, nämlich vor allem auf Kommunalebene. Frau kann nur hoffen, dass jene Verrenkungen, die erforderlich sein werden, diesen blanken Zynismus als Frauenpolitik (hier bitte ersatzweise einsetzen: Umweltpolitik, Bildungspolitik, Sozialpolitik, Gesundheitspolitik, Asylpolitik usw.) zu verkaufen, wenigstens einen gewissen Unterhaltungswert haben werden.