recht & gesellschaft - S. 296 - 305

Der Schengen-Raum sieht sich mit großen Herausforderungen konfrontiert. Die Häufigkeit und Dauer von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen, aber auch das Thema Migration und Asyl haben die Kommission auf den Plan gerufen, das Schengen-Regime zu überarbeiten, um auch in Zukunft ein funktionierendes Zusammenspiel von Außengrenzschutz und der Abwesenheit von Binnengrenzkontrollen sicherzustellen. Die von der Kommission geschaffenen Möglichkeiten, Binnengrenzkontrollen über die Höchstgesamtdauer hinaus zu verlängern und polizeiliche Befugnisse unter Verwendung moderner Technologien durchzuführen, werden Schengen als historische Errungenschaft der europäischen Integration verändern.

thema - S. 401 - 409

Digitale Technologien werden zunehmend in der Verwaltung und in Rechtsinstitutionen eingesetzt. Österreich hat im letzten Regierungsprogramm dazu explizit die Digitalisierung des Rechtssystems als Ziel angegeben. Teil dieser Initiative ist die Prüfung des Einsatzes von Speech Recognition Software im Asylverfahren zur Bestimmung des Herkunftsortes von asylsuchenden Menschen. Das Verfahren ist nicht neu. Analoge Sprachanalysen wurden schon bisher zu diesem Zweck eingesetzt. Kritik aus der Sprachwissenschaft stellt jedoch die Eignung dieser Verfahren generell in Frage. In diesem Artikel ziehe ich Erkenntnisse aus der interdisziplinären Technikforschung heran, welche nahelegen, dass die Digitalisierung des Verfahrens potentiell zu einer Verschiebung der institutionellen Logik des Verfahrens führt, indem sie a) zu einer technisch standardisierten aber quantitativ stark ausgeweiteten Beschreibung von oft komplexen Fällen führt, b) die Erkenntnisse des Verfahrens mit zusätzlicher – scheinbar objektiver – Autorität ausstattet, und c) das Verfahren zudem in eine nur schwer zu hinterfragende Black Box packt. Dies führt dazu, dass das Verfahren stärker institutionalisiert wird ohne die eigentlichen Probleme zu adressieren.