Franz Matyas ist einer von rund 1.300 Beschuldigten, die zwischen 1938 und 1945 in Wien aufgrund ihrer Homosexualität gerichtlich verfolgt wurden. An seinem Beispiel wird die NS-Rechtsprechung in Österreich zum Straftatbestand „Unzucht wider die Natur“ gegen gleichgeschlechtlich liebende Menschen (§ 129 Ib StG) untersucht.
"(Nicht) jede unzüchtige Berührung"
Verfolgung, Flucht, Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft
Obwohl mehr als 70 Jahre vergangen sind, wirken die Folgen der austrofaschistischen und nationalsozialistischen Praxis des Staatsbürgerschaftsentzugs bis heute nach. In dem Bestreben, bestehendes Unrecht zu beseitigen und alle Vertriebenen und ihre Nachkommen "heimzuholen", wurde das Staatsbürgerschaftsgesetz erst vor kurzem angepasst. Das adaptierte Gesetz scheint aber die gesteckten Ziele nicht zu erreichen. Betrachtet man nämlich den historischen Kontext scheinen die Opfer und ihre Nachkommen immer noch ungerecht belastet: Während ehemalige Nationalsozialist_innen bereits zwölf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges die österreichische Staatsbürgerschaft relativ leicht (wieder-)erwerben konnten, sind die Opfer immer noch mit Auflagen konfrontiert, um das zurückzubekommen, was ihnen vor über 70 Jahren genommen und seither vorenthalten wurde. Dieser Artikel beleuchtet die Entwicklung des Staatsbürgerschaftsrechts seit 1945 und zeigt die Ungleichbehandlung von Täter_innen und Opfern.